Am 11. und 12.03.2021 richtet das DFG-Projekt „Sozialdaten als Quellen der Zeitgeschichte“ ein Workshop aus, der sozialwissenschaftliche Daten als Quelle in der Geschichtswissenschaft diskutieren wird. Dort werden wir auch die Anwaltsplanung in Darmstadt-Kranichstein und die zugehörigen Ergebnisse als Quellen vorstellen dürfen. Auf die Vorträge und Diskussionen zu methodischen, forschungsethischen sowie praktischen Fragen dieser Quellenform bin ich bereits gespannt. Das Programm findet sich hier.
Autor: Swenja Hoschek
Tagung: Transformative Partizipation
Das Forschungslabor Nachkriegsmoderne an der Frankfurt University of Applied Sciences richtete am 12. März eine spannende und interaktive Tagung aus, in der vor allem die Bedeutung und Möglicheiten partizipative Ansätze in den Sieldungen der Nachkriegsmoderne diksutiert wurden. Die in Darmstadt Kranichstein in den 1970ern furchgeführte und wissenschaftliche begleitete Anwaltsplanung war eine frühe partizipative Maßnahme und deshalb freue ich mich, dass ich diese und ihre Auswirkungen dort vorstellen durfte.
Neu erschienen: ‚Großsiedlungen als Problemkonstruktion‘
Aus dem Workshop „Anders Wohnen. Großsiedlungen und die Konstruktion von Differenz seit den 1970er Jahren“ in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg (FZH) ist das Schwerpunktheft von Forum Stadt entstanden, das nun herausgekommen ist und die Problematisierung von Großsiedlungen behandelt.
Neu erschienen: Un-Eindeutige Geschichte(n)?!
Der Sammelband ging aus dem Workshop „Konstruktivistisches, wissenschaftliches Arbeiten in den kulturwissenschaftlich arbeitenden Geisteswissenschaften – Theorie und Methoden in der Dissertation. Vorgehensweise und Herausforderungen“ in der Universität Potsdam hervor und behandelt vor allem Konstruktivistische Methoden und ihre Anwendung sowie weitere Herausforderungen beim Verfassen einer Dissertation. Darin ist auch der Aufsatz „Wer gestaltet Großsiedlungserzählungen? Diskursive Imagekonstruktion eines Wohnortes in der BRD der 1970er Jahre“ erschienen, der verschiedene Sprecher*innenpositionen über und in Großsiedlungen diskutiert.
Siedlungsgedicht
Gedichtet wurde in der Stadtteilzeitung noch mehr:
Un noch een Gedicht
O Kinners – Lüd
Wi löppt die Tid.
Hier sind wi nun schon över een Johr
Un manch een is all nich mehr dor.
Wi kamt de Minschen hier nu trecht?
Dee eene god – dee andre schlecht.
Een meen: lck treck hier wedder ut
Dee Kinner sind mi hier to lut!
Dee Andre: Dat Badezimmer is en Staat
Fröher hev wi inne Waschbalge bad!
Wedder een: lck kam von St. Pauli her.
Hier to lew’n fallt mi schwer.
lck kann woll segg’n: Uns gefallt datt hier.
Na ja – wi sind olt – gaht veel spazieren.
Ach – eenmal wär dee Wegg to Enn
Dor ging wi över dee Wisch’n mang dee Keuh
noh Hus hen
Blos een Deel gefallt mi hier nich.
Dee Figur, dee dor steiht oppe lütte Eck Wisch.
Dee sütt ja ut,
As köm he ut’n Säurebad rut,
Oder hett he irgendwo inne Eck rümstahn
Un hell von Krieg datt mitbekam?
Kiek ick em an dann kummt mi gor
Dee Erinnerung an de Hungerjohr
Dee unbekannte Poet
(in: Borner Mitteilungen Nr.2 1971 S. 9)
Dieses Gedicht „up platt“ fasst die Situation nach etwas mehr als einem Jahr Bezug des Osdorfer Borns zusammen: Die Erzählungen von den schönen Wohnungen, die Umstellung in dem neuen Gebiet zu leben, den vielen (und lauten) Kindern, das Wohnen am Grünen und die umstrittenen Kunstobjekte finden Erwähnung.
Tagung 50 Jahre Moderne Stadtgeschichte: Rückblicke – Rundblicke – Ausblicke
Mitte Februar fand in Darmstadt eine Tagung zur Stadtgeschichte statt, bei der unter anderem diskutiert wurde, was Stadtgeschichte sei und sein solle. Die Verbindungen mit weiteren theoretischen Ansätzen und Schwerpunkten wurden ebenso vorgestellt, wie mögliche zukünftige Themen. Bei HSozKult ist ein Tagungsbericht zu finden.
Fahrstuhl-Poesie
Wie das Leben in Hochhäusern denn nun sei, war in den 1970er ein umstrittenes Thema in denen die Wahrnehmung und das Urteil von Bewohner*innen und von Menschen, die von außen auf den Stadtteil schauten durchaus unterschiedlich ausfiel und sich auch veränderte. Besondere Aufmerksamkeit genoss dabei die neue Einrichung der Aufzüge. Auf der einen Seite galten sie als kommunikationshemmend – besonders, wenn sie nur in jedem zweiten Geschoss hielten. Auf der anderen Seite unterhielten und grüßten sich die Menschen aber auch in den Aufzügen und sie waren keineswegs nur ein Raum des an-die-Wand-Starrens.
Zudem boten Fahrstühle Gesprächsstoff – vor allem dann, wenn sie nicht funktionierten – wie dieses vor Ironie triefende Gedicht aus der Kategorie Leserbriefe in der ehemaligen Stadtteilzeitung des Osdorfer Borns von 1970 veranschaulicht:
Der Aufzug!
Ein Aufzug, der macht, was er will,
bald geht er mal, bald steht er still.
Steigst du hier ein, zu zwein, zu dritt,
dann nehmt euch was zum Essen mit.
Denn, hängst du erst mal in dem Schacht,
und hast genug Radau gemacht,
dann dauert es noch ziemlich lange,
bis dich ein mildes Herz entdeckt.
Doch werd darum nicht angst und bange,
es hat schon mancher drin gesteckt.
Das Martinshorn ertönt, das Gute,
man drückt dort mächtig auf die Tute.
Und da kommt auch schon hinterher
die gute brave Feuerwehr.
Mit Blaulicht naht der Unfallwagen,
dich auf der Bahre fortzutragen.
Die Retter, die von überall,
befreiten dich aus diesem Stall.
Und du gehst nun, das Haupt erhoben,
zum einen Stock die Trepp‘ nach oben.
Doch kommst du einmal spät nach Haus,
dazu noch einen kleinen Rausch,
und plötzlich bleibt der Aufzug stehn,
dann kannst du gleich zu Bette gehn.
Zieh deine Unterhose aus,
auch deine Socken, deine Schuh.
Mach dir ein schönes Bettchen draus,
und deck dich mit dem Mantel zu.
Dann wirst du einen Traum erleben,
wirst immer auf- und abwärts schweben.
So wie ein Engel, auf und nieder,
und morgen früh, da geht er wieder.
W. K.
(Quelle: Borner Mitteilungen 4/1970 S.6)
Ausstellung zur Neuen Heimat
Dem Wohnungsbaukonzern Neue Heimat ist die Ausstellung „Die Neue Heimat [1950–1982]. Eine sozialdemokratische Utopie und ihre Bauten“ gewidmet, die im Museum für hamburgische Geschichte zur Zeit zu sehen ist. Eine Rezension zur Ausstellung ist auf H-Soz-Kult erschienen.
Anders Wohnen
Am 16. und 17. Mai 2019 fand in der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg der Workshop „Anders Wohnen“ statt. Die Vorträge, Zeitzeugenberichte und Diskussionen waren sehr spannend. Insbesondere über den Konstruktionscharakter der Großsiedlungen, die Rolle der Medien und anderer Akteure beschäftigte die Beteiligten. Zum genaueren nachlesen ist nun auf H-Soz-Kult der von David Templin verfasste Tagungsbericht erschienen. Auch in der F.A.Z. wurde über den Workshop berichtet und die Aktualität des Themas Wohnungsbau und Wohnungsform betont.
Der Abendvortrag „Faszinierend schlechte Viertel – Wie Großsiedlungen in Frankreich und Westdeutschland in Verruf gerieten“ von Christiane Reinecke kann über Lecture2Go, die zentrale Medienplattform der Universität Hamburg, hier nachgehört werden.
Tagungsbericht: Konstruktivistisches, wissenschaftliches Arbeiten in den kulturwissenschaftlich arbeitenden Geisteswissenschaften
Der Tagungsbericht zum Workshop „Konstruktivistisches, wissenschaftliches Arbeiten in den kulturwissenschaftlich arbeitenden Geisteswissenschaften – Theorie und Methoden in der Dissertation. Vorgehensweise und Herausforderungen“ ist auf H-Soz-u-Kult erschienen und kann hier nachgelesen werden.